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Abschnitt 1: nach Kiel

15.-20.5.2006


"Das schwierigste an einer langen Reise", sagte mir Uwe, der Hafenmeister in Norddeich, "ist, den Heimathafen zu verlassen". Die letzten Tage vor dem Abreisedatum waren auch wirklich hart. Vieles war noch zu organisieren, tausend Kleinigkeiten waren noch zu besorgen. Meine Mutter lief seit Tagen mit drei Zetteln hinter mir her: "Hast du dieses schon?, ist jenes schon an Bord?". Ohne sie hätte ich natürlich die Hälfte vergessen, also bin ich nicht wirklich böse... Dann die bevorstehende Trennung für 10 Wochen von Hanna, und dazu der psychische Druck: Was hab ich mir da bloß vorgenommen....
Aber am Montag mittag, nachdem Steff und Schorsch an Bord kamen und wir endlich abgelegt haben, machte sich große Erleichterung breit.
Der erste Schlag führte uns ganz entspannt in 2 Stunden nach Norderney. Wir machen noch einen kleinen Landgang über die Insel und gehen früh ins Bett, denn am Dienstag soll es um 6:00 Uhr losgehen.
Der Wecker klingelt um 5:40 und der Wind weht tatsächlich, wie angekündigt aus West, nachdem er die letzten zwei Wochen stur aus Ost wehte. Die Tour nach Cuxhaven wäre dann unmöglich, oder zumindest sehr beschwerlich. Aber nun weht der Wind ja richtig und gegen 6:30 verlassen wir den Hafen, kreuzen sportlich um die Insel herum und düsen dann vorm Wind einem Ziel entgegen, das in 32 Seemeilen entfernung und noch für viele Stunden außer Sicht sein sollte. GPS sei Dank. Die Wellen sind beachtlich hoch, 2 Meter oder mehr, aber meine Crew hat Spaß dran, von Seekrankheit keine Spur.
Am Nachmittag erreichen wir dann die ersten Elbtonnen und fahren außerhalb des Fahrwassers weiter Richtung Cuxhaven. Ich bin gerade unten und versuche Wasser zu kochen, da höre ich einen Funkspruch: "An das einlaufende Schiff zwischen Tonne 7 und 9 bitte melden sie sich auf Kanal 71 bei Cuxhaven Traffic!" Ein Blick nach draußen, wo sind wir? Sind wir das? Mist, ja, das sind wir, sonst ist hier nur eine Marineflotte. Ich habe zwar vor drei Tagen meinen Funkschein gemacht, aber leider ist unser Funkgerät nicht angemeldet - das haben wir nicht mehr geschafft. Trotzdem melde ich mich wie gefordert. "Wissen sie das auf ein gesperrtes Gebiet zu fahren?", "Ähhh - eigentlich nicht". Er weist uns an in das Fahrwasser zu fahren und die Tonnen nördlich zu passieren, um den geforderten Sicherheitsabstand zu einem Bagger einzuhalten. Als wir vorbei sind fragt er noch nach Schiffsnamen, -typ und Kennung. Ich gebe ihm alles. Hoffentlich kommt da nichts nach.... Mittlerweile ist die Anmeldung für das Funkgerät unterwegs...
Der Wind frischt leider mehr und mehr auf, Windstärke sieben könnte das mittlerweile sein. Wir lassen nur noch die Baumfock stehen und machen immer noch sechs Knoten. Beim Segelwechsel verhakt sich die Fall der Fock und ich muss ziemlich lange vorne ziehen und zerren und komme mit weichen Knien und klatschnaß zurück in die Plicht. Außerdem sind wir zu spät dran. Um 16 Uhr wollte ich spätestens in Cuxhaven sein, jetzt haben wir den Elbstrom immer stärker gegen uns. Am Ende machen wir nur noch 3 Knoten. Wir erreichen Cuxhaven nach 12.5 Stunden und 60 Seemeilen. Das Anlegen klappt problemlos. Zum Aufwärmen gibts einen Tee mit Rum der uns auftaut und belebt. Dann 'ne heiße Dusche und danach fallen wir ziemlich schnell ins Bett.
Die härteste Etappe für die ersten Wochen ist geschafft. Ufff

Am Mittwoch machen wir einen verhältnismäßig kurzen sonnigen 16 Meilen Schlag. Bei achterlichen Winden setzen wir nur die Onno-Fock. Der Elbstrom hilft heute gut mit, so dass wir trotz wenig Wind 5 Knoten schaffen. Vor der Schleuse in Brunsbüttel müssen wir noch die Elbe queren. Bei einer grossen Lücke zwischen den Dickschiffen fahren wir schnellstmöglichst auf die andere Seite. Hier sind wir aber irgendwie in der 'Wartezone' für die grossen Frachter gelandet, die auch in den Nordostseekanal schleusen wollen. So kreuzt die kleine Flüthörn mitten zwischen lauter riesigen Schiffen. Auweia...
An der Schleuse angekommen müssen wir etwa 25 Minuten auf unser Durchfahrtsignal warten. Wir schleusen hindurch und gehen gleich in einen Yachthafen direkt an der Ausfahrt der neuen Schleusen. Den ganzen Restnachmittag und Abend sitzen wir noch in der Plicht, genießen das sonnige Wetter, Schorschs Bratkartoffeln und direkt neben uns ziehen unsere deutlich größeren Weggenossen vorbei. Schiffegucken !! Juhu!!

Am nächsten morgen springt der Motor nicht an. Naja, eine Batterie leer, nehmen wir eben die andere. Wieder kein Saft. Ohje. Dann also ankurbeln. Ich kurbel und kurbel wie wild aber er zündet nicht. Irgendetwas muss ich falsch machen. Wir versuchen es nochmal mit dem Anlasser und BEIDEN Batterien - er läuft!
Wir setzen als Stützsegel (denn nur das ist erlaubt im Kanal, man muss motoren) die Onno-Fock. Wir stehen alle in Regenmontour an Deck, aber die Schauer sind vorbei und die Sonne kommt mehr und mehr heraus. Nach 3 Stunden weht es so gut, dass ich probeweise mal den Gang herausnehme: Jetzt machen wir anstatt 6 noch 5 Knoten, also Motor aus. Der Kegel, der anzeigt dass wir den Motor anhaben bleibt natürlich oben....
Sechs Stunden, 36 Seemeilen und 3 Sonnenbrände später sind wir in Rendsburg. Der Kanal, der doch recht langweilig ist, wird von Schorsch so beschrieben: "Was braucht man für den Kanal? 'n paLita Diesel und 'ne Palette Bier!"
Wir liegen gut beim Regattaverein und verdrücken hungrig ein Pfund Spagetthi. Abends machen wir noch einen Landgang. Rendsburg scheint sehr schön zu sein, aber es ist nichts los. Donnerstags 22 Uhr, da ist das verständlich. Wir finden noch eine Kneipe mit mehreren Billiardtischen und schließen dort einen weiteren Segeltag ab.




Bei unserer Weiterfahrt ist das Wetter genau andersherum: Wir fahren im Trockenen los und kurze Zeit später setzt der Regen ein. Mehr und mehr. Segeln hat heute keinen Sinn, der Wind kommt nicht herunter in den Kanal und weht schwach und alle 10 Sekunden aus einer anderen Richtung. Also 20 Meilen durch den Regen motoren. Wir wechseln uns ab, alle 30 Minuten muss ein anderer raus in den Regen...
Nach dem Schleusen kommt die Erkenntnis: Ostsee! Flüthörn ist in der Ostsee!!
Es regnet mittlerweile so stark, dass kaum noch auszumachen ist, wo das Meer aufhört und der Regen an. So viel Regen haben wir selten gesehen. Wir packen Galgenhumor aus und Feuern den Regen an, so gut es geht! Trotz der miesen Niederschläge gelingt uns das Anlegemanöver im Düsernbrook-Yachthafen. Der ist ziemlich City-nah und so strömt auch schnell der Besuch. Zuerst kommt Marten an, der für die nächsten zwei Wochen zur Crew gehören soll, dann Cousine Hella mit Freund. Lars, ein Freund von mir aus Kiel mit ein paar Kumpels und außerdem allem was man für Caiphirina so braucht sowie Corinna eine alte Freundin von Georg finden auch noch Platz unter Deck und so wird dann auch ganz ordentlich gefeiert!
Ich mache mich später noch mit Lars und Konsorten auf in die City zur 'Yeah-yeah-yeah-Party'. Auch hier herscht maritimes Ambiente - es hängen zB Rettungsboote von der Decke, in denen man sitzen und runtergucken kann. Einige Biere und gewonnene Kickerspiele später wollen wir aufbrechen, fahren spontan mit nem Taxi zurück zum Hafen und geniessen im Sonnenschein ein kleines Frühstück. Entschuldigung nochmal an die Crew....

Der Samstag ist Hafentag. Es regnet immer noch und aus unerfindlichen Gründen sind wir alle ganz schön müde. Ein kleiner Regenerationstag also. Marten und Schorsch gehen einkaufen, wir verabschieden Steff der zurück nach Braunschweig muss und gammeln den ganzen Tag an Bord rum. Abends schaffen wir immerhin einen kleinen Spaziergang durch den Hafen und finden ganz schön geile Rennyachten!!
Conni besucht uns wieder und ein wenig Bier und Rum bringen uns dann doch wieder in Schwung. Wir sitzen irgendwann in der Plicht und singen lauthals und mehrstimmig und canonhaft und wunderbar!!
Gut dass im Hafen fast nur Kieler Boote liegen - wir waren ganz schön laut, aber die meisten Boote sind unbewohnt.
Conni hat dann übrigens auch gleich angeheuert, sie kennt Schweden gut, spricht schwedisch und segeln kann sie auch noch - sie kommt also evtl. in Stockholm für eine Woche an Bord.

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