<< Abschnitt 2 << ..... >> Abschnitt 4 >>

Abschnitt 3: nach Rügen

27.5.-3.6.2006


Bis Nathalie um halb drei ankommt klüngeln wir im Hafen rum. Wir haben ja Urlaub. Da machen wir erstmal gar nichts. Nichts. Nada...
Nach einem Begrüßungstee machen wir noch einen gemütlichen 4 Meilen Schlag rüber nach Dybvig auf Fejö (54°56.686' 11°26.134'). Wir liegen in einem winzigen Fischerhafen, der Hafenmeister hat Urlaub. Wir erkunden die Insel, hier scheinen viele Künstler und Aussteiger zu leben. An der Straße werden die verschiedensten Dinge verkauft. Bücher, Keramik, Flohmarkttand, Gewürze, Klamotten. Ich kaufe für 3 Euro einen Pulli und Nata eine lederne Handtasche für das gleiche Geld. Es steht immer eine kleine Kasse daneben, in die man das Geld schmeißen kann. Außerdem grüßt uns jeder dem wir begegnen. Die Häuser sind klein und Reedbedeckt, die Gärten sind penibel gemäht. Idülle und Hülle und Fülle (Nr. 1).
Zurück an Bord weihen wir unser neues Crewmitglied mit Bier und Rum und dem zweiten Kappel-Aal ins Bordleben ein und sitzen mal wieder lange in der Plicht, bis uns die Kälte nach drinnen treibt. Heute gibt's keinen Strom, keinen Heizlüfter... Wo bleibt der Sommer ??




Der Wetterbericht meldet mal wieder Wind mit 7 oder mehr Windstärken, also Hafentag! Wir machen einen 4 stündigen Inselrundgang, der eigentlich kein Rundgang ist. Es gibt nur eine Hauptstrasse in der Mitte also ist es eher ein Hin- und Zurückgang...
Auf der Westseite der Insel stürmt es gewaltig. Wir legen uns gegen den Wind und sind froh, dass wir nicht auf dem Wasser sind. Als Entschädigung für die schweren Beine gönnen wir uns einen Burger im einzigen Imbiss auf der Insel, der glücklicherweise nur 50 Meter von Flüthörn entfernt ist.






Zum ersten mal schaffen wir es um 10:00 Uhr abzulegen. Punktgenau. Fünf Minuten später drehen wir uns um und sehen mehrere Fahrzeuge im Hafen. Ist der Hafenmeister aus seinem Urlaub zurück? Unser schlechtes Gewissen hält sich in Grenzen, wir haben weder geduscht, noch Strom gehabt...
Mal wieder segeln wir nur unter Baumfock und dennoch mit 5 Knoten Geschwindigkeit vor dem Wind durch die Ostsee. Wir haben Odin oder Rasmus oder wen auch immer, wohl gütig gestimmt- seit 2.5 Wochen bin ich jetzt unterwegs und außer auf dem Kanal und einer Stunde nach unserem Rausschmiss in Vejrö sind wir nur gesegelt! Wir machen also einen vierstunden-21-Meilen-Schlag nach Vordingborg (55°00.197' 11°55.031'). Der Nordhafen liegt in einer gut geschützten Bucht, zu Fuße einer alten Burg. Nach Stadtbummel und Einkauf sitzen wir auf der dicken, hohen Burgmauer und genießen die Aussicht über die Bucht.





















Der Segeltag beginnt mit schönem achterlichem Wind und der Sonne auf dem Pelz. Sonne und Wind halten sich so stetig, dass Nr.1 sich genötigt sieht, auf dem Achterschiff zu strippen. Den gesamten Guldborgsund braten wir an Deck und sehnen uns vor Langeweile nach dem Dschungel. Kurs und Windrichtung bieten Matröse Nathalie die Chance, sich mit Boot und Pinne anzufreunden: Konsequent und zielbewußt steuert sie uns durch den Sund. Wir verlassen den Sund, drehen auf Nordkurs und haben die Sonne im Rücken, doch die schwarze Gewitterfront über Klintholm macht unserem Plan Vollzeug zu setzen zunichte!
Wir kommen den grummelnden schwarzen Wolken immer näher und sehen die ersten Blitze zucken. Als der Segler vor uns die Segel einholt, unter Motor um 180° dreht und auf uns zuhält, kommt der Skipper ins Grübeln. Als sich vor uns das Wasser schwarz färbt, bergen wir schleunigst die Segel und halten unter Motor die Position. Das Naturschauspiel um uns herum ist faszinierend und beängstigend zugleich. Links und rechts vor uns zucken Blitze aus zwei Gewitterwolken, die dritte direkt über unserem Zielhafen. Nicht nur wir auch die anderen Schiffe in Sichtweite warten ab. Uns erwischt nur ein Ausläufer des Gewitters - eine Sturmbö inklusive dicken Hagelkörnern. Als es wieder trocken und Klintholm wieder sichtbar wird, laufen wir ein. Kaum im Hafen (54°57.277' 12°27.798'), knallt die Sonne wieder vom Himmel und vom Gewitter ist nichts mehr zu sehen. Allein die Tatsache, dass alle Segler nahezu gleichzeitig einlaufen und die Hafensaune kurze Zeit später überfüllt ist, lässt das erlebte wieder wahr erscheinen. Hier wird eifrig über die größe der Hagelkörner und wie jeder einzelne das Gewitter erlebt hat, diskutiert.

Wir wollen heute sportlich aktiv werden! Wir leihen uns Fahrräder und radeln bei bestem Wetter los in Richtung Möns Klint, das sind 120m hohe Kreidefelsen am Ostende der Insel. Wir trauen dem vorgeschlagenen Weg natürlich nicht und fahren der Nase nach auf die Küste zu. Wir landen auf einem kleinen engen Wanderweg, der sich direkt an der Küste entlangschlängelt. Die ersten Steigungen nehmen wir mit unseren 3-Gang Mountainbikes noch problemlos, dann wird es steiler und steiler, bis wir es schließlich kaum noch schaffen die Räder im 45° Winkel den Weg hochzuschieben. Wir lassen die Räder schließlich stehen und gehen zu Fuß weiter. Als sich das erste mal der Blick auf Felsen und das Wasser weit weit darunter öffnet wissen wir sofort: Der Landtag hat sich gelohnt! Eine 474 Stufen Treppe führt runter ans Wasser. Beim Abstieg machen wir uns noch über eine fehlende Stufe lustig - beim deutlich beschwerlicherem Weg zurück nach oben versucht Nata die nicht vorhandene Stufe zu nutzen. Ein großer Schreck und ein aufgeschürfte Schienbein sind die Folgen...
Nach einem Picknick setzen wir unsere Radtour fort und fahren über Lieselund in einem großen Bogen und noch über viele Anstiege und Abfahrten zurück zum Hafen. Wir sind alle begeistert von dieser Insel- so ein schönes Fleckchen Erde habe ich lange nicht gesehen. Grüne Hügel, gelbe Rapsfelder, kleine Dörfer mit Reethutzelhäusern und dazu die imposante Steilküste.... (*schwafel*)
Wir belohnen uns wieder mit der Sauna und danach kocht Nata richtig gut Reis mit Scheiß und schön viel Curry. Dafür steigt sie auf zum Smutje.

Den Rang kann sie leider nicht lange halten, beim Versuch am nächsten Tag einen Palsteck in die Fock zu legen scheitert sie und wird umgehend zur Fendermieze degradiert.
Zunächst statte ich aber zwei Seglern einen Besuch ab, die uns in der Sauna über unser heutiges Ziel Hiddensee informiert haben. Ein Leipziger und ein Münchner, witzige Kombination. Mir fehlen die Detailkarten für das Gebiet, und so werden kurzerhand die engen schwierigen Fahrwasser bei Hiddensee abfotografiert (click), später werden mit der Digicam in der Hand die richtigen Tonnen gefunden. Die 38sm legen wir bei voller Sonneneinstrahlung zurück. Zunächst werden mit Genua, dem größten Vorsegel, die Klippen von Mön immer kleiner. Als die Geschwindigkeit dann unter 2kn sinkt, muss der Motor für 2 Stunden helfen. Nachdem die Nordspitze von Hiddensee umrundet ist, und wir bei den Tonnen zwischen den Inseln sind, segeln wir den Rest wieder unter Genua. Eine unglaubliche Ruhe herrscht hier, Flüthörn gleitet ohne ein Geräusch durch die engen Fahrwasser. Der Leipziger hat uns noch gewarnt: "Wenn neben euch eine Möve im Wasser steht, fahrt nicht hin und guckt nach, es ist wirklich so!". Und wirklich - einige Meter neben dem Fahrwasser reicht der felsige Untergrund bis knapp unter, manchmal auch über die Wasseroberfläche und man muss sich penibel an die Tonnen halten. Das ist nicht immer leicht, es gibt viele Abzweigungen und die Tonnen stehen so dicht zusammen, dass man genau aufpassen muss, welche die vordere ist. Als wir einmal falsch liegen, springt das Echolot schnell auf 1.1m Wassertiefe! Wir haben nur noch die berühmte handbreit Wasser unterm Kiel. "Die linke Tonne!", ruft Marten. Stimmt. Sofort wieder 3m Wasser. Uff...
Wir kommen kurz vor Sonnenuntergang in Kloster an, der Hafen ist recht klein und wir müssen uns längsseits an einen anderen Segler legen (54°35.071'N, 13°06.830'E). Deren Crew feiert ihren letzten Abend, es sind neben dem Skipper nur junge Leute an Bord, 4 Deutsche und 4 Norweger. Wir werden sofort eingeladen und sitzen, nach einem Landgang, noch eine ganze Weile in deren Plicht.


Am heutigen Freitag ist Sassnitz unser Ziel. Hier gibt es Bahnanbindung für die alte Crew, und die Fähre nach Bornholm, mit der die nächste Crew zurückkommen wird, fährt auch von hier.
Um 11 Uhr legen wir ab, und segeln unter Genua zurück zur Ostsee. Wir ziehen auch noch das Großsegel hoch und fahren Schmetterling, also ein Segel auf jeder Seite. Mehr Segelfläche können wir dem Wind nicht bieten, es reicht trotzdem nur, um mit gemächliche 3 Knoten an der Kreideküste entlang zu segeln.
Nachdem wir das Kapp Arkona umrundet haben läßt der Wind mehr und mehr nach. Wir haben den Wind nahezu von hinten und staunen nicht schlecht, als wir einen Segler mit Schmetterlingssegeln, also auch Wind von hinten erblicken. Kommt der uns entgegen?? Wir schauen ungläubig durchs Fernglas - tatsächlich! Als wir uns treffen, ist der Wind weg. Flaute. Merkwürdige Ostsee...
Wir schmeißen den Motor an, holen die Tücher runter und tuckern loß. Bis Sassnitz sinds noch 16 Meilen, wir fahren also nach Lohme, das sind nur 8 Meilen. (54°35.075'N 13°36.511'E)

Diese Notlösung erweist sich als kleiner, ruhiger Hafen, am Hang gelegen und nur über eine lange Treppe zu erreichen. Der Hang ist bewaldet, es gibt ein kleines Café auf halber Treppe und ein Restaurant ganz oben. Dort sitzen wir etwas später, und 'blicken' mit lecker Fisch den Sonnenuntergang...







Wir gehen die verbleibenden neun Meilen nach Sassnitz an: erst vorm Wind am berühmten Königsstuhl vorbei, dann immer höher am Wind, bis wir schließlich sportlich mit viel Lage kreuzen müssen. Marten ist glücklich - endlich richtiges Segeln! Bisher haben wir uns die meiste Zeit mit kleinem Segel vom Wind schieben lassen...
Sassnitz hat einen großen häßlichen Hafen, viel Fischerei, touriabzocke in kleinen Buden auf der Betonmohle, dreckige Klos und kurz nachdem wir eintreffen setzt ein durchdringender Nieselregen ein. Bääh.
Als Sonja und Björn ankommen, fahre ich mit ihnen einkaufen, während Nata und Marten zusammenpacken und Essen für alle vorbereiten. Es gibt Lapskaus! Für mich ein echtes Bootsessen. Kompliment an Marten, es ist wirklich gut gelungen. Wir essen zusammen und es wird noch ein langer Verabschiedungs-/ Willkommensabend. Zu fünft ist es schon ziemlich eng, aber es ist ja nur für eine Nacht.




<< Abschnitt 2 << ..... >> Abschnitt 4 >>




Die auf dieser Seite angegebenen Positionen können hier eingegeben werden und auf geht's zu google-maps.
Breite:
o '

Länge:
o '